Forderungen aus der Unterkunft Sedanstraße

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Beschwerden und Forderungen erhoben von Geflüchteten aus der Unterkunft Sedanstr., Osnabrück
Zur Kenntnis an
den Oberbürgermeister der Stadt Osnabrück
den Leiter der Diakonie in der Unterkunft Sedanstr.
An die großzügigen Bürgerinnen und Bürger der Satdt Osnabrück
Wir sind Geflüchtete aus der Unterkunft Sedanstr. und wir haben unsere drängenden Forderungen in einer von uns selbst ausgehenden Initiative formuliert. Diese Forderungen beziehen sich auf die gravierenden Probleme, welche die Qualität unseres Lebens beeinträchtigen und welche die Folge eines konkreten Drucks sind, der unser Schicksal und unsere Zukunft betrifft.
Infolge des EU-Beschlusses, unser Asylverfahren nicht in Deutschland zu eröffnen und uns statt dessen in das Land des Ersteintritts in die EU abzuschieben, liegt eine schwere Last auf vielen von uns. Wir leben in einem Zustand ständigerAngst vor der Abschiebung. Unsicherheit und Panik verursachen psychische Krisen uund führen in vielen Fällen zu chronischen Depressionen. Viele Geflüchtete flüchten sich in Alkohol und Drogen, um über ihr zerstörtes Leben nicht nachdenken zu müssen.
Die Situation wird verschlimmert durch die Art und Weise, in der die Abschiebungen durchgeführt werden. Vielfach verletzt die Polizei das Grundrecht auf Privatsphäre, wenn die Türen zu unseren Räumen verschlossen sind. Sie kommen meistens in der Nacht und niemand von uns kann ruhig schlafen. Sie klopfen an die Tür, und wenn keine Antwort kommt brechen sie die Tür auf. Geflüchtete werden ins Büro gerufen und im Hinterraum wartet die Polizei auf sie. Die Polizei durchsucht die Waschräume und sie kommen während des Frühstücks. Oder es wird gesagt, wir hätten Post bekommen und statt dessen ist es die Polizei. Wir leben in ständiger Angst, in Stress und Unsicherheit.
Die Amtsträger der Stadt, und die Verwaltung der Diakonie haben die Pflicht und Verantwortung, die Öffentlichkeit über die Zustände in den Unterkünften zu informieren. Dazu gehören all die negativen Folgen des Dublin Abkommens. Dieses Abkommen verursacht immmens hohe Kosten und Verwaltungsaufwand. Heraus kommt Angst und Schrecken für die Geflüchteten. 90% des Schadens und des Leidens der Geflüchteten in der Unterkunft Sedanstr. sind durch dieses Dublin-Abkommen verursacht.
Wir fordern:

  • unsere Beschwerden aufzunehmen und die negativen Folgen des Dublin-Abkommens bekannt zu machen,
  • unsere Menschenrechte zu achten, insbesondere das Recht auf Privatheit und das Recht auf Schlafenlassen in der Nacht,
  • an höchster Stelle Einfluss zu nehmen, die gewaltsamen Methoden der Abschiebung zu überdenken und die Würde und die natürlichen Rechte der Geflüchteten zu respektieren.

Respektiert unser Recht auf Privatsphäre

Nicht nur die Polizei schreckt uns aus dem Schlaf. Wenn die Post ausgeliefert wird trefen manche Sozialarbeiter, kaum dass sie angeklopft haben, in den Raum – egal, ob sich ein Mensch im Raum befindet. Wir empfinden das als nicht akzeptable Verletzung unserer Privatsphäre.
Den Sozialarbeitern soll nicht erlaubt sein, unsere Räume zu betreten, wenn sie nicht dazu eingeladen werden. Die Post soll unter der Tür durchgeschoben werden.
Wir brauchen Übersetzer*innen und Rechtsberatung
Viele Geflüchtete leiden um so mehr, als sie im Unklaren sind über ihre Situation und die Rechtslage, und sie sind nicht in der Lage, sich entsprechend äußern zu können.
Übersetzer*innen werden benötigt, damit Vorgänge wie die Protokolle des BAMF, Verhöre oder Arztgespräche abgewickelt werden und Missverständnisse im Alltag geklärt werden können. In Anbetracht der hohen Rate falscher Entscheidungen durch das BAMF soll die Landesregierung eine Rechtsberatung anbieten und die Verfahrenskosten übernehmen für alle Geflüchteten, gleich welcher Herkunft..
Wir fordern Übersetzer*innen und einen frei zugänglichen Rechtsweg für alle Dublin-Fälle.
Wir brauchen eine bessere Gesundheitsfürsorge
Die hohe Zahl der Geflüchteten in der Unterkunft mit mehr als 200 ständig wechselnden Bewohnern erfordert die Möglichkeit einer medizinischen Akutversorgung. Es gibt ein erschreckendes Ausmaß psychischer Erkrankungen aufgrund des Schocks, den die Überfahrt in den Todesbooten mit sich gebracht hat, verstärkt durch die Trennung von der Familie und das Leben in einer unbekannten Umgebung. Darüber hinaus spielen die langen Wartezeiten bis zur Anerkennung, die Bedrohung der Zukunft durch das Dublin-Abkommen und die Isolation in der Unterkunft eine Rolle, dazu die Leere, die aufgrund fehlender Aktivitäten und Programme eintritt – all dies muss aufgefangen werden durch eine kontinuierliche und verlässliche psychologische Unterstützung.
Wir fordern einen Krankenbereich mit medizinischer Betreuung in der Unterkunft, einschließlich psychologischen Personals sowie in Notfällen einen leichteren Zugang zu Psychiatern.
Ernährung und Transport sind unzureichend
Die Öffnungszeiten der Kantine und die Qualität der Nahrung sind Gegenstand vieler Klagen, insbesondere für die Kinder. Die Küche schließt nachmittags um 5 und öffnet morgens um 7 – die Zeit ohne Essen ist für die Kinder zu lang. Die Geflüchteten dürfen selbst nicht kochen, sie dürfen keine Kocher benutzen und haben keinen Kühlschrank.
Wir fordern gutes Essen zu vernünftigen Zeiten.
Die Entfernung von der Sedanstr. in die Innenstadt ist zu Fuß zu weit, besonders für Frauen und Familien mit Kindern.
Wir bitten deshalb, eine Lösung zu schaffen mit einer Vergünstigung der Fahrpreise für die Geflüchteten.
Wir fordern Bewegungsfreiheit!
Die Verwaltung der Unterkunft erzwingt eine Anwesenheitspflicht für alle Bewohner. Bei Verstößen gibt es Strafen in Form von Abzügen vom Taschengeld. Viele Bewohner haben berichtet, dass es ein derartiges System in anderen Camps nicht gibt, und sie haben den Eindruck, dass dieses System nur für sie geschaffen wurde. In der Unterkunft gibt es Security-Personal nicht nur am Eingang, sondern eine ständige Bewachung auch in den einzelnen Stockwerken. Außerdem gibt es ein computergestütztes Schließsystem, mit dem jede Bewegung der Geflüchteten kontrolliert wird. Wenn wir woanders auf Besuch sind, verschließen sie unsere Tür, so dass wir für unsere Räume um Zutritt bitten müssen. Sie zwingen uns, Papiere zu unterschreiben, dass wir abends um 12 im Raum sein müssen.
Eine Unterkunft ist kein Gefängnis! Beendet dieses Kontrollsystem und befreit die Geflüchteten von diesen Zwängen! Wir fordern Bewegungsfreiheit in Niedersachsen!
 
Grievances and Demands
presented by: refugees living in Sedanstraße Refugee Camp, Osnabrück
For the attention of
The Mayor of Osnabrück
The Director of Diakonie Office in Sedanstraße
The Generous People of Osnabrück
We are refugees living in the camp of Sedanstraße and, in a self-organized initiative, have formulated our urgent demands. They are the result of outstanding problems affecting the quality of our lives and they derive from concrete pressures relating to our fate and future.
The consequences of the EU agreement to refuse to open an asylum file for us in Germany, and instead deport us to the first country of entry into the EU, has put a heavy load on so many of us refugees, living in a state of distress and fear of being arrested by the police. This situation of panic and insecurity causes psychological crisis and results in cases of chronic psychological depression among a large number of refugees. Many refugees have taken to alcohol and drug addiction as a final exit to escape their even darker and obstructed life perspective.
The situation is further worsened by the manner in which deportations are carried out. The police have violated the basic right to privacy in many cases after the doors to our individual rooms had been closed. They usually come at night so none of us can ever sleep quietly. They knock and if there is no answer they forcibly break into the respective room by bursting the door. At other times, in the morning refugees are asked to come to the office and police are waiting for them in the back room. Police are searching the bathrooms and they come during breakfast. Or we are told to fetch the mail and police are waiting. We have to spend our lives in a state of permanent fear and stress and insecurity.
Municipal and civic officials, as well as administrative staff entertaining the camps, have the duty and responsibility to communicate to the public the true state of affairs. This includes all the negative dimensions of the Dublin Convention. There are huge financial costs and wastes of administrative resources with the outcome of intimidation and harm for most of the refugees at Sedanstraße Camp, amounting to more than 90% of our suffering and fears.
We demand:

  • to articulate our voice and report the negative impact of the Dublin Convention on refugees;
  • to claim our basic human rights, including the right to privacy and right to sleep during night time;
  • to address the highest levels of policy makers and decision takers, who shall review the violent method of deportation and preserve the dignity and natural rights of the refugees.

Respect Our Right to Privacy
Not only the police are disturbing the night’s sleep. When the regular mail is delivered, some social workers immediately after knocking at the door enter the rooms, regardless of the presence of a person in the room, which violates the privacy of individuals in an inacceptable way. Do not allow social workers to enter our rooms unless they are invited to do so. Make it obligatory to distribute mail from under the door.
We Need Interpreters and Legal Advice
Refugees suffer greatly because they are not clearly informed about their status and situation, and they are unable to communicate appropriately. There is need to provide an interpreter to enable them to file their foreign-language proceedings with governmental agencies like BAMF, bar interviews, medical interviews, and in situations of misunderstanding. Especially in consideration of the high percentage of wrong decisions of BAMF, the federal or state government shall offer and guarantee the cost of legal advice and support the provision of counsel in asylum cases to all refugees regardless of nationality.
Provide interpreters and free legal advice for all Dublin cases
We Need Better Health Care
The large total population of the camp with more than 200 inhabitants necessitates primary health care for internal emergencies. There is dire psychological pressure resulting from the shock that most refugees have suffered when crossing the sea in the boats of death, which is even worsened because of the distance from their families and life in a new society. Furthermore, the long time of waiting and the implications of the Dublin Convention system as a threat to the future, as well as the isolation of the camp and the vacuum resulting from the lack of activities and programs – all of this needs to be balanced by a continuous and reliable psychological support.
Provide for a clinic with medical staff residing in the camp, including psycho-social and psychological staff. Provide for a wider network of psychiatrists for cases in need.
Food and Transport Is Inappropriate
Food time and quality is not appropriate for us, especially our children. The kitchen is closed from 5pm to 7am, which is too long time for kids. The refugees are not allowed to cook by themselves or even use oven, stove, and refrigerator.
Allow for high-quality food at appropriate times.
The distance from Sedanstraße Camp to the city is too far to walk, especially for women and families with children. So we ask for coordination among authorities in charge to subsidize public transport costs by granting special reduction to refugees.
We Demand Freedom of Movement!
The camp administration imposes a daily attendance system that is binding for the entire population and there are penalties in case of infringement. This is due to financial allocations. Many residents have reported that during their visit to other camps, such a system does not apply, which creates the impression that it is imposed exclusively on them. In Sedanstraße Camp there is security control at the entrance and continuous observation of the refugees by security on each floor. There is also a computer-based locking system by means of which they control the movement of people. If we are out, they lock our room so that we have no free access. They enforce us to sign papers that we have to sleep in that place without freedom of movement.
A camp is not a prison! Stop the system of control and free the population from this obligation! We demand freedom of movement within Niedersachsen!