"Dennoch" – Statement zur Asylrechtsverschärfung

Wir sind bestürzt und beschämt über das was am 2.7.2015 in der 115. Bundestagssitzung passiert ist.
Mit der mehrheitlichen Zustimmung der Fraktionen CDU/CSU und SPD für die „Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufentaltsbeendigung“ wurde eine massive Asylrechtsverschärfung verabschiedet.

Pro Asyl, die bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge, erklärt, dass dieser Gesetzentwurf die rechtliche Möglichkeit schafft, Asylsuchende allein aus dem Grund zu inhaftieren, weil sie aus einem anderen EUStaat eingereist sind. Doch ist dies bei weitem nicht das einzige Kriterium, das Geflüchtete in Zukunft in die Abschiebezelle bringen kann. So ist auch die Zahlung von hohen Geldbeträgen an Fluchthelfer*innen als Haftgrund ausreichend. Dies ist absurd, da die Flucht mittels Fluchthelfer*in oft der einzige und für viele unbezahlbare Weg nach Europa ist. Auch das Fehlen von Identitätsnachweisen oder auch politisches Engagement (z.B. gegen die eigene Abschiebung) sind Gründe für die Inhaftierung zur Durchsetzung von Abschiebungen.

Und Dennoch!

Weder die Verabschiedung dieses rassistischen Gesetzes in Deutschland noch die immer weiter eskalierende Gewalt gegen die Bewegung der Migration an der europäischen Außengrenze wird etwas daran ändern, dass Menschen sich gegen Rassismus erheben und Teilhabe in einer anderen Gesellschaft einfordern; noch wird es Menschen davon abhalten vor Ausbeutung, Armut, Rassismus, Krieg und Gewalt zu flüchten.

Es zeugt von einer zynischen Naivität, wenn europäische Kampfschiffe und Hubschrauber sich darauf vorbereiten an der libyschen Küste Fluchthelfer*innen und ihre Boote anzugreifen. Zynisch ist das Unterfangen, da einerseits landauf landab die Solidarität mit ‚echten‘ Geflüchteten aus den Kriegsgebieten dieser Welt propagiert und anschließend über die Notwendigkeit einer effektiveren Grenzsicherung schwadroniert wird. Schließlich seien es ja die Schlepper*innen, die Schuld an den Toten im Mittelmeer haben. Dumm nur, dass beim Krieg gegen die Fluchthelfer*innen auch jene Geflüchteten aus Syrien, Sudan und Eritrea versenkt werden könnten, die mensch doch eben noch schützen wollte. Naiv ist diese Gewalt außerdem, da die Flucht und damit die Migration nicht enden wird. Die Menschen zahlen für ihre Migration nicht aus reiner Reiselust riesige Geldbeträge, um anschließend mit klapprigen Booten die gefährliche Reise über das Mittelmeer anzutreten. Wer diese Risiken auf sich nimmt, wird auch in Zukunft Wege finden, um vor Bomben und Armut zu flüchten.

Ähnlich verhält es sich mit der Politik in Deutschland. Das jüngst verabschiedete, rassistische Asylgesetz, wird den entstandenen Widerstand von Geflüchteten und Unterstützer*innen nicht aufhalten. Spätestens durch die Protestmärsche und besetzten Plätze, die seit 2012 zu beobachten sind, hat der Protest eine andere Qualität. Die Selbstorganisation von Geflüchteten, in Kooperation mit Unterstützer*innen, wie sie beispielsweise in Anbetracht der rassistischen Progromstimmung in Freital zu beobachten ist, macht Hoffnung.

Auch hier in Osnabrück wird der Widerstand nicht aufhören und die Abschiebepraxis, die von der Bundesregierung durch das neue Gesetz gefördert werden soll, wird weiterhin blockiert werden. Die intendierte Isolation von Geflüchteten wird im alltäglichen Zusammenkommen durchbrochen und Solidarität, trotz rassistischer Zustände, zu leben begonnen. Die hier gelebte Praxis des Widerstands hämmert nicht nur weitere Nägel in den Sarg des menschenverachtenden Dublinverfahrens, sondern stellt den alltäglichen Wahnsinn einer rassistisch durchstrukturierten Gesellschaft in Frage. Die entstandenen Formen des Widerstands werden nicht zurückweichen vor rassistischen Forderungen, die nun in Gesetzesform gegossen wurden.

Anders als die Bundesregierung, die rassistischen Strömungen mit Dialog und Verständnis begegnet, werden wir sowohl den rassistischen Bewegungen als auch menschenverachtenden Gesetzen mit antirassistischer Initiative entgegentreten.

Wir stehen für unbedingte Bewegungsfreiheit und fordern:

  • legale Einreisewege für Menschen auf der Flucht

  • Bedingungsloses Bleiberecht für Menschen in Deutschland und überall

  • Abschaffung der „Sicheren-Dritt-Staaten“-Regelung, rassistischer Asylgesetzgebung und des Dublin-III-Verfahrens

Asylrecht ist ein Menschenrecht und Menschenrechte sind nicht an Herkunftsländer gebunden, sondern an Menschen!