Die Landesaufnahmebehörde (LAB) in der Sedanstraße in Osnabrück hat seit dem 01.01.21 eine neue Leitung. Der private „Sozial“-dienstleister European Homecare (EHC) aus Essen übernimmt die Verwaltung der Landesaufnahmebehörde anstelle der Diakonie.
Im Zuge der unsäglichen Debatte der 1990er Jahre um die sog. „Asylschwemme“ eröffnete das Essener Unternehmen zahlreiche neue Geflüchtetenunterkünfte, v.a. in den östlichen Bundesländern. Die Produktpalette dieses profitorientierten Unternehmens beinhaltet die Verwaltung und das Management von Geflüchtetenunterkünften, soziale und psychosoziale Betreuung von eingereisten Personen, Betreuung von Menschen in der Abschiebehaftanstalt Büren und die Verpflegung und Sicherheitsdienstleistungen in den Unterkünften.
Mittlerweile ist dieses Unternehmen der größte Betreiber in Deutschland und verwaltet über 80 Geflüchteten- und Wohnungslosenunterkünfte im ganzen Bundesgebiet, sowie im europäischen Ausland. Die Firma wirbt bis heute mit dem Slogan: „Wirtschaftlichkeit und Soziales dürfen sich nicht ausschließen“. Weiterlesen
Archiv des Autors: nolageros
Veranstaltungen im Februar und März
Redebeitrag: Aufnahme statt Abschottung
Same shit, different day. Den Aktionstag von der Seebrücke und der Balkanbrücke wollen wir dazu nutzen, um erneut auf die Situation geflüchteter Menschen in und um Europa aufmerksam zu machen. Weiterlesen
Pressemitteilung zu den Infektionsschutzmaßnahmen in der LAB Bramsche-Hesepe
Im vergangenen Monat erreichten uns Videoaufnahmen aus der niedersächsischen Landesaufnahmebehörde in Bramsche-Hesepe, die die Unterbringungssituation der Schutzsuchenden dort zeigen.
Während in Europa die Infektionszahlen seit August beständig am steigen sind , jeden Tag neue Höchstzahlen gemeldet werden und die Bundesregierung stetig dazu aufruft, Abstände einzuhalten und gemäß des Infektionsschutzes zu handeln, scheinen diese Regeln von den Landesbehörden nicht umgesetzt bzw. ignoriert zu werden/ für die Landesbehörden nicht zu gelten.
Die uns zugespielten Videoaufnahmen von Ende Oktober zeigen eine große Halle, die gänzlich mit Doppelstockbetten belegt ist. Dazu wurde uns berichtet, dass Ende Oktober etwa 40 Menschen zeitgleich in der Halle untergebracht waren. Regelungen für die Aufteilung der Betten unter Wahrung von Abständen wurden von der Einrichtungsleitung nicht kommuniziert und die Menschen so einem sehr hohen Infektionsrisiko ausgesetzt. Zwar wurden Neuankommende auf Covid-19 getestet, bis zum Erhalt des Ergebnisses aber wurden sie gemeinsam mit den bereits negativ Getesteten in der Halle untergebracht. Kurz darauf wurden mehrere Corona-Infektionen festgestellt und die Menschen erst daraufhin auf kleinere Zimmer verteilt. Ein effektiver Infektionsschutz wird für die Menschen in den Landesaufnahmeeinrichtungen durch ein solches Vorgehen verunmöglicht.
Das Vorgehen der Landesaufnahmebehörde ist nicht zuletzt vor dem Hintergrund des konstant alarmierenden Infektionsgeschehens im Landkreis Osnabrück mehr als fahrlässig. Schutz von Gesundheit und Leben der Menschen wurde durch die Unterbringung von mehr als 40 Menschen in einem einzigen Raum nicht im Ansatz gewährleistet. Den geschilderten Ablauf bei Ankunft neuer Menschen verurteilen wir als völlig wirkungslos und widersprüchlich, um das Infektionsrisiko in den Massenunterbringungseinrichtungen möglichst niedrig zu halten.
Schon zu Beginn der Pandemie war klar, dass sie uns alle betrifft, jedoch nicht alle Menschen gleich. So sind Geflüchtete und Schutzsuchende einem wesentlich höheren Risiko ausgesetzt und gleichzeitig von harschen freiheitsbeschränkenden Maßnahmen betroffen. Mehrere Fälle sind im Verlaufe des Jahres dokumentiert, bei denen die Menschen in die Sammelunterkünfte eingeschlossen wurden und sich dabei die Zimmer mit mehreren Menschen auf engstem Raum teilen müssen. Informationen zum Infektionsschutz wurden nicht, oder nur schwer zugänglich bekannt gegeben.
Dies kann so nicht weitergehen. Es gilt weiterhin das Motto: #leavenoonebehind! Die Corona-Pandemie zeigt einmal mehr, dass das Konzept der zentralen Unterbringung als gescheitert angesehen werden muss. Der Umkehrschluss aus dieser Erkenntnis muss sein, dass alle Menschen dezentral untergebracht werden müssen. Städte und Kommunen müssen handeln und die leerstehenden Hotels, Ferienwohungen etc. jenen Menschen zur Verfügung stellen, die sie benötigen. Dies betrifft neben Geflüchteten auch wohnungslose Menschen, Frauen*, die von häuslicher Gewalt betroffen sind.
Ob in Halberstadt, Lindenstraße, Suhl, Celle, Ellwangen oder Moria – in den letzten Monaten wurde ein ums andere mal deutlich, dass Schutz vor Corona in Lagern nicht möglich ist! Nicht zuletzt deshalb gilt: Alle Lager auflösen – selbstbestimmte und dezentrale Unterbringung für alle Menschen!
Redebeitrag zur Kundgebung gegen Polizeigewalt in Osnabrück
Hier unser Redebeitrag von der Kundgebung gegen Polizeigewalt in Osnabrück (danke an AJOLi für die Organisation):
Wir wollen diesen Beitrag den spezifischen Formen rassistisch motivierter Gewalt durch die deutschen Justizbehörden widmen denen Schwarze Menschen und People of Color in Deutschland täglich ausgesetzt sind.
Der bekannteste Fall ist vermutlich der des aus Sierra Leone stammenden Oury Jalloh welcher auf mysteriöse Weise, während er an Händen und Füßen gefesselt war, in seiner Zelle verbrannte. Unabhängige Gutachten haben mittlerweile den Einsatz von Brandbeschleuniger bestätigt, das Verfahren wurde dennoch im Oktober 2017 vom zuständigen Gericht eingestellt. So warten die Angehörigen bis heute vergeblich auf die notwendige Aufklärung.
Ein weiterer Fall, auf den wir hinweisen möchten, ist der des Nigerianers Achidi John, dem wegen dem Vorwurf des Drogenhandels in Hamburg im Dezember 2001 im Rahmen einer polizeilichen Maßnahme gegen seinen Willen Brechmittel verabreicht wurde. John starb in Folge dieses menschenverachtenden Vorgehens mehrere Tage später an Herzversagen. In diesem Fall hielt es die Hamburger Staatsanwaltschaft nicht einmal für notwendig ein Ermittlungsverfahren einzuleiten, da nach ihrer Auffassung zu keinem Zeitpunkt ein Anfangsverdacht strafbaren Verhaltens bestanden haben soll. Erst fünf Jahre später wurde diese Praxis durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte abgeschafft, nachdem sie seit ihrer Einführung im Sommer 2001 an etwa 500 Menschen, vor allem Geflüchteten, durchgeführt wurde. Ein interessantes Detail an dieser Stelle ist, dass für die Einführung dieser Praxis ausgerechnet der damalige Hamburger Innensenator und aktuelle Kanzlerkandidat der SPD Olaf Scholz verantwortlich war.
Diese beiden Fälle sind nur zwei traurige Beispiele einer ganzen Reihe von ähnlichen Taten durch deutsche Justizbehörden. So zählt die Kampagne „Death in Custody“ 179 Todesfälle von Schwarzen Menschen, People of Color und von Rassismus betroffenen Menschen in deutschem Gewahrsam seit 1990. Aufgrund des Mangels an systematischer Erfassung solcher Fälle ist allerdings davon auszugehen, dass auch hier die Dunkelziffer um ein vielfaches höher ausfällt. Und auch in diesen Fällen zeigt sich, dass es nur in den aller seltensten Fällen zu Verurteilungen der Schuldigen durch die Behörden kommt.
Doch diese Todesfälle stellen nur die extremste Ausprägung des institutionalisierten Rassismus in den Justizbehörden dar. Das Problem fängt schon viel früher an, so zum Beispiel durch die Praxis des „Racial Profiling“ bei der Menschen einfach nur aufgrund der Tatsache, dass sie eben nicht der Märchenfigur der*des prototypischen Deutschen entsprechen durch Polizeibeamt*innen kontrolliert werden. Wird nach dem Grund der Maßnahmen gefragt, saugen sich die Beamt*innen allerlei fadenscheinige Erklärungen aus den Fingern. Im Austausch mit Betroffenen stellt sich heraus, dass die überwiegende Mehrheit von Schwarzen Menschen und People of Color in Deutschland mindestens einmal in ihrem Leben die Erfahrung einer solchen „anlasslosen Kontrolle“, wie es im Polizeisprech heißt, machen musste. Es gibt in Deutschland übrigens kein explizites Verbot dieser doch so offensichtlich verfassungswidrigen Praxis, ganz im Gegensatz zu vielen anderen Ländern. Unter ihnen sogar die USA, einer der traurigen Hotspots institutionalisierter und rassistischer Gewalt. Nicht nur, dass diese Praxis nach der Einschätzung vieler Expert*innen ineffektiv ist, sie hat auch für die Opfer Folgen von öffentlicher Demütigung bis hin zu physischen und psychischen Verletzungen und Krisen. Gedeckt wird das Ganze dabei durch einen Bundesinnenminister, der die Existenz dieses Vorgehens entgegen unzähliger Berichte von Opfern und Zeug*innen weiterhin vehement bestreitet.
Bei Abschiebungen wird Polizeigewalt scheinbar behördlich nicht nur akzeptiert, sondern als notwendig eingestuft. Das Antifolter-Komitee des Europarats, das sich gegen Menschenrechtsverletzungen einsetzt, hat 2019 Deutschland für „unangemessene“ Polizeigewalt bei Abschiebungen kritisiert. Ebenfalls bemängelt wurde eine Abschiebehafteinrichtung mit ungeschultem Wachpersonal, das Abschiebepflichtige wie Strafgefangene behandelte. Die Polizei sagte daraufhin, dass Abschiebungen nur von dazu geschulten Polizist*innen durchgeführt werden dürfen. Die Umsetzung dessen ist durch viel geschilderte Gewalt bei Abschiebungen fraglich. Genauso fraglich sind das Inhaftieren und Abschieben schutzsuchender Menschen generell.
Es ist mittlerweile gängige Polizeipraxis Menschen in ein Gefängnis zu stecken, die keinerlei Verbrechen begangen haben. Das, was diesen Menschen vorgeworfen wird, ist ihre bloße Existenz, ihr bloßer Aufenthalt in der BRD. Sie werden eingesperrt, da der Staat vermutet, die Personen könnten sich ihrer Abschiebung durch Flucht entziehen. Dort sind diese Menschen, die keine Straftat begangen haben, teilweise monatelang eingesperrt, sind von der Außenwelt komplett abgeschnitten und müssen dort auf ihre Abschiebung warten. Und so leben Geflüchtete, nachdem sie bereits die psychologischen Strapazen einer Flucht mit ungewissem Ausgang auf sich genommen haben, in stetiger Angst davor Nachts von Polizist:innen aus ihrem Bett gerissen und in ein Gefängnis gesperrt zu werden. Auch das ist explizit eine Form von Gewalt durch die Behörden.
Es ist beinahe unverständlich wie die deutschen Behörden bei dieser erdrückenden Faktenlage immer noch in der Lage zu sein scheinen, den Vorwurf des institutionellen Rassismus und sich daraus ergebender Gewalt, von sich zu weisen. Würden Sie sich dies eingestehen, so müsste nämlich die logische Konsequenz die Abschaffung dieser systematischen Missachtung der Menschenwürde in all ihren Formen sein.
Unsere Konsequenz daraus ist die uneingeschränkte Solidarität mit den Opfern dieser rassistischen Staatspraxis, sowie das schonungslose Aufzeigen dieser menschenverachtenden Gewalt. Wir geben keine Ruhe bis alle (Abschiebe-)Knäste leer sind und bis der Rassismus in Staat und Gesellschaft ein Ende findet!
No justice, no peace – abolish the police!
Redebeitrag von der Demo „Solidarität gegen rassistische Abschottungspolitik“
Normalerweise beginnen solche Redebeiträge mit einer Aufzählung der Gründe, warum wir uns hier heute versammelt haben. Und davon gibt es wahrlich mehr als genügend. Gleichzeitig fühlt es sich komisch an, diese immer wieder zu wiederholen – auch, weil sie mittlerweile echt jedem Menschen bekannt sein sollten – aber vor allem, weil dies nicht die erste Demo dieser Art ist, sich aber an der menschenverachtenden Abschottungspolitik der EU und ganz vorn dabei Deutschlands eben nichts ändert – bzw. schon, aber seit Jahren nur zum Schlimmeren.
Nicht erst seit dem Brand von Moria im September wissen wir, dass die Lebensbedingungen an den europäischen Außengrenzen katastrophal sind. Das wussten wir schon, als Erdogan den Deal mit der EU platzen ließ – aber auch schon, als einige Zeit zuvor die EU eben jenen widerlichen Deal mit der türkischen Rechtsaußen-Regierung schloss, damit diese „uns Europäer*innen“ die unliebsamen Geflüchteten vom Hals halte – mit allen Mitteln die ihr zur Verfügung standen – einer vermeintlich „demokratischen Wertegemeinschaft“ namens Europäische Union aber eben nicht. Das Prinzip Guantanamo in „light“, sozusagen.
Wir wussten um die fürchterlichen Umstände bereits zu Beginn der sogenannten Krise, als sich mehrfach große Ansammlungen von verzweifelten Menschen bildeten – sowohl an Europas Grenzen – 2015 in Idomeni – als auch innerhalb der EU – 2015/16 im sogenannten „Jungle“ in Calais, an der Einfahrt zum Eurotunnel.
Kurz: Wir wissen schon lange genug Bescheid. Wir wissen, dass die EU ertrunkene Menschen im Mittelmeer ein paar hundert neuen Asylanträgen vorzieht. Wir wissen, dass staatliche Seenotrettung nicht mehr existiert, während die private Seenotrettung öffentlich verunglimpft und kriminalisiert wird. Obwohl hier Bürger*innen schlicht mehr Menschlichkeit beweisen, als sämtliche Regierung europäischer Staaten.
Wir wissen, das Politiker*innen Abschiebungen fetischisieren und öffentlich zelebrieren wobei ihnen die menschlichen Kosequenzen komplett egal sind. Und wir wissen: Wenn sich Seeleute an die Regeln ihres Arbeitsbereichs halten und Schiffbrüchige retten, müssen diese nun mit Schikane und indirekten bis direkten Strafen rechnen.
Wir haben uns also sehr gut an das gewöhnt, was teils als „Rechtsruck“ oder auch als „Diskursverschiebung“ bezeichnet wird. Wir reden uns ein, Merkel hätte mit ihrem viel-zitierten „Wir schaffen das“ wirklich eine humane Lösung gemeint. Stattdessen wurde das deutsche Asylrecht (seit Jahrzehnten) nur verschärft und weiter verschärft, sodass es heute diesen Namen nicht mehr verdient. Es ist eine Sammlung von Regelungen zur systematischen Schikane und psychischen Unterdrucksetzung von Geflüchteten, auf dass diese möglichst gleich wieder von selbst verschwinden mögen. Wobei diejenigen, die in Sammellagern ausharren, sich noch glücklich schätzen können im Vergleich zu denjenigen, die eben an den europäischen Außengrenzen faktisch zum (vor sich hin-) Vegetieren verurteilt sind.
Seit Corona hat sich die Situation durch Lockdowns von Camps und fehlende Möglichkeiten zur Einhaltung der Hygieneregeln für Menschen auf so engem Raum weiter verschärft. Nach dem Brand im Flüchtlingscamp Moria letzten Monat mussten die Geflüchteten ganz offiziell als Obdachlose leben, solange keine neue Unterbringung stattfand. Und selbst neu errichtete Camps auf Lesbos sind keine Besserung, sondern nur eine Verlagerung des alten Problems. So wird teilweise an den Orten, an denen die Menschen „untergebracht“ sind, von Soldat*innen noch nach Minen gesucht. Derzeit sind die Lager von Herbststürmen und Überschwemmungen heimgesucht, und danach droht auch schon der nahende Winter mit eisigen Nächten in Zelten und unter Plastikplanen.
Im neuen Moria stehen den dort untergebrachten Menschen kaum Duschen und Wasserstellen zur Verfügung. Kaum Desinfektionsmittel, kaum Seife sowieso keine Möglichkeit, Abstand zu halten! Und das in Zeiten von Corona! Wie können wir diese Situation anders verstehen, als dass die Behörden und die EU, die Politiker*innen generell, aktiv versuchen, die bereits katastrophale Situation weiter zu verschlimmern!
Das ist nicht nur ein Ignorieren der Situation der Geflüchteten, sondern ein aktives Unterlassen von Hilfeleistungen seitens der EU und ihrer Mitgliedsstaaten!
Griechische Regierungsmitglieder hatten bereits offen ausgesprochen, dass die unerträglichen Zustände im Lager Moria Geflüchtete abschrecken sollten. Der Minister für Wirtschaftsentwicklung und Investitionen und stellvertretende Vorsitzende der konservativen Nea Dimokratia (ND), Adonis Georgiadis, sagte Anfang März im griechischen Fernsehen: »Damit die Flüchtlingsboote nicht mehr kommen, müssen diejenigen, die auf die Boote steigen, aufhören, die Schmuggler für die Überfahrt zu bezahlen. Um dies zu gewährleisten, müssen sie von den bereits hierhin Gelangten erfahren, dass sie hier eine schlechte Zeit haben werden, dass wir sie einsperren und dass sie hier nicht tun können, was sie wollen.« Georgiadis betonte, die Unterbringung in den Lagern könne ein Leben lang andauern.
Dies ist die Realität: Demokratische Regierungen spekulieren auf das mentale sowie körperliche Brechen von tausenden von Menschen, deren einzige Straftat offenbar darin bestand, ihre Heimat verlassen zu haben – und nach Europa kommen zu wollen. Dazu sollen also Lager helfen. Soweit ist der Diskurs also schon nach Rechts verschoben! Ein Blick in die (deutsche) Geschichte zeigt jedoch: Sich von der extremen Rechten – sei es in Form der AfD, esoterischer Verschwörungstheoretiker*innen oder Rassist*innen im Staatsdienst – vorhertreiben zulassen, führt nicht zu deren Verschwinden. Im Gegenteil, die politische Rechte wird so seit Jahren staatlich gestärkt und gefördert.
Wir haben zu der heutigen Demo aufgerufen, ohne einen großen Ankündigungstext zu verfassen und wir haben heute eines der breitesten Bündnisse seit langem auf die Straße bekommen. Offenbar scheint der Titel „Gegen rassistische Abschottungspolitk“ schon zu reichen – er ist selbsterklärend. Diese Tatsache bedeutet aber auch, dass es eben nicht wenige gibt, die ebenso wie wir von No Lager keinen Bock mehr darauf haben, uns den gesellschaftlichen Diskurs von Nazis und Spinner*innen diktieren zu lassen. Unsere Schlussworte wollen wir daher jenen zuwenden, die noch nicht dem solidarischen und kämpferischen Ausverkauf zum Opfer gefallen sind:
Wir sind heute hier, weil tausende Geflüchtete in Moria und anderen Orten noch immer daran
gehindert werden, unter humanen Bedingungen zu leben!
Auch 5 Jahre nach dem „Sommer der Willkommenskultur“ und all der Fürchterlichkeiten seitdem, ist das noch immer ganz klar falsch und muss geändert werden.
Deswegen sagen wir heute erneut: „Wir haben Platz!“ Für uns ist klar: weder hier noch irgendwo anders – leave no one behind!
Wir zeigen uns solidarisch mit allen Geflüchteten in den griechischen Lagern und Lagern in anderen Ländern und den mutigen Menschen auf der Flucht übers Mittelmeer, mit den Hilfsorganisationen der zivilen Seenotrettung wie Sea Watch, Sea Eye oder Mare Liberum und wir danken denjenigen, die sich nicht trotz, sondern eben wegen der Corona-Krise solidarisch zeigen und sich aktiv gegen strukturellen Rassismus, kapitalistische Ausbeutung und weiße Vorherrschaft einsetzen.
2015, 2020, egal. Der alte Spruch gilt nach wie vor: Say it loud, say it clear. Refugees are welcome here!
Demo-Aufruf: Solidarität gegen rassistische Abschottungspolitik
+++ NoLager Osnabrück, Fridays for Future OS, LiKos, EXIL e.V., Black Community Foundation, Omas gegen Rechts, kurdischer Kulturverein, antifaschistische Jugend OS und weitere rufen am 24.10. um 13:30 Uhr zu Demonstration auf +++
Solidarität gegen rassistische Abschottungspolitik
Die Situation auf den griechischen Inseln scheint sich nach dem Feuer im Camp Moria noch weiter zu verschlechtern. Die Geflüchteten werden in ein neues Camp Moria 2 gesperrt, welches noch weniger Sanitäranlagen, noch weniger Platz, noch weniger Freiheiten noch mehr Leid hervorbringt, als es vorher schon gab. Und die Lage auf den anderen griechischen Inseln ist nicht minder schlimm; auch dort hat es im Camp gebrannt. Während in ganz Europa hunderte einzelne Kommunen bereit sind dem unsäglichen Dublin Asylsystem eine Absage zu erteilen, auf eigene Faust Geflüchtete bei sich aufzumehmen und Solidarität zu zeigen, fällt die europäische Union ihren eigenen „Werten“ in den Rücken und bildet faktisch eine rassistische Abschiebeunion. Horst Seehofer verbietet einzelnen Ländern und Kommunen gar die selbstständige Aufnahme von Geflüchteten. Auch Osnabrück ist ein sogenannter „Sicherer Hafen“ und bereit weitere Geflüchtete aufzunehmen. Wir wollen das mit euch gemeinsam auf die Straße bringen und bekräftigen: #WirHabenPlatz! Holt endlich die Menschen aus den Elendslagern auf den griechischen Inseln, in Calais, auf dem Westbalkan und sonstwo! Sorgt dafür, dass so etwas gar nicht erst möglich gemacht wird! #EvictTheCamps
Am 24.10. treffen wir uns daher um 13:30 Uhr am Ledenhof in Osnabrück. Wir wollen unsere Solidarität gegenüber allen Geflüchteten zum Ausdruck bringen und unsere Wut der europäischen Politik entgegenschleudern. Kommt zahlreich. Tragt Masken und haltet stets den Mindestabstand ein!
#WirHabenPlatz #LeaveNoOneBehind #FightFortressEU #EvictTheCamps
→ Veranstaltung bei Facebook
Redebeitrag von der Moria-Soli-Demonstration
Im Folgenden unser Redebeitrag von der gestrigen Soli-Demonstration in Osnabrück zum Brand von Moria.
In der heutigen Nacht ist das Geflüchtetenlager Moria auf der griechischen Insel Lesbos abgebrannt.
Die Katastrophe hätte vermieden werden können. Seit August 2019 waren die prekären Zustände bekannt. Statt geplanten 3000 Bewohner*innen waren es zwischenzeitlich im März dieses Jahres etwa 20.000, zuletzt im September immer noch 13.000 Geflüchtete die in dem Camp untergebracht waren. Die letzten Monate wurde immer wieder von diversen Hilfsorganisationen auf die völlig menschenunwürdigen Lebensbedingungen innerhalb des Lagers aufmerksam gemacht und immer wieder änderte sich nichts.
Letzte Woche wurden erstmals Corona-Infektionen innerhalb des Camps bekannt. Durch die damit verbundenen Isolationsmaßnahmen verschlechterte sich die Situation zusätzlich für die Bewohnerinnen. Vor einigen Tagen wurden noch in Erinnerung an die Situation vor dem Reichstagsgebäude 13.000 Stühle aufgestellt – nur, um die altbekannte Antwort von der Regierung zu bekommen: Eine Lösung des „Problems“ könne Europa nur gemeinsam finden. Ein Europa wohlgemerkt, in dem einzelne Mitgliedsstaaten die Aufnahme von Geflüchteten grundsätzlich verweigern. Ein Europa, welches die sich zunehmend zuspitzende Situation selbst verursacht hat, weil es sich die Beziehungen mit der Türkei nicht verspielen wollte. Ein Europa, das lang und breit diskutiert, ob nun ein kleiner oder ein noch kleinerer Bruchteil der Geflüchteten aufgenommen werden soll.
Ein Europa, von dem auch Deutschland ein Teil ist. Das Deutschland, dessen Innenminister sich zum Geburtstag lautstark über die Abschiebung von Menschen freut und Sätze äußert wie der, dass er sich „bis zur letzten Patrone“ gegen „eine Zuwanderung in die deutschen Sozialsysteme“ wehren wird. Das Deutschland, ein Land mit 83 Millionen Einwohnern, welches im Mai nur in der Lage war lächerliche 47 Menschen aus Griechenland aufzunehmen. Das Deutschland in dem vorletzten Samstag 38.000 Menschen umringt von Reichskriegsflaggen wegen ein bisschen Stoff im Gesicht auf die Straße gegangen sind. Das Deutschland in dem erst heute eine von der Linksfraktion beantragte „Aktuelle Stunde“ zum Thema im Bundestag durch die Gegenstimme der AfD verhindert wurde.
Ja, es gibt einzelne Kommunen die ihre Bereitschaft signalisiert haben weitere Menschen aufzunehmen. Im Fall Osnabrück, eine Stadt die als sogenannter „sicherer Hafen“ ausgezeichnet ist, stellt dies in unseren Augen allerdings nichts weiter als ein wertloses Lippenbekenntnis dar. Unabhängig davon wird diese Bereitschaft aber auch nach wie vor von der Bundesregierung und vor allem eben schon erwähntem Innenminister blockiert. Ein solches Lippenbekenntnis stellte übrigens auch der Besuch des Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet, in Moria vor einigen Wochen dar, als er im Anschluss, als hätte er zuvor nie etwas von den katastrophalen Zuständen dort mitbekommen, lautstark die EU zum Wachwerden aufrief.
Im Internet kursiert jetzt schon das Gerücht, das Feuer sei von Bewohner*innen selbst gelegt worden und diese hätten die Löscharbeiten der Feuerwehr behindert. Dabei außen vor gelassen wird, dass das Lager in der Vergangenheit immer wieder gewalttätigen Angriffen durch Neo-Nazis ausgesetzt war und dies nicht selten ohne jedwede Intervention vonseiten der Polizei. Und selbst, wenn sich herausstellen sollte, dass das Feuer von den Bewohner*innen gelegt sein sollte: Wer sind wir, Menschen die seit Monaten unter diesen Bedingungen zusammengepfercht leben müssen, die sich von der Politik komplett im Stich gelassen fühlen, vorzuschreiben wie diese ihrer Wut und Verzweiflung Ausdruck verleihen sollen? Die Bewohner*innen sind Opfer einer Politik, welche die Aufnahme von Geflüchteten scheinbar nicht bewältigen will und stattdessen lieber der Grenzschutzbehörde Frontex ein Budget von 1,3 Milliarden Euro zur Verfügung stellt, um Migration zu verhindern. Diese rassistische Politik und das mit ihr verbundene Leid senden ein klares Signal nach Außen: In Europa seid ihr nicht willkommen.
An dieser Stelle könnten wir jetzt die sofortige Schließung sämtlicher Lager, die Aufnahme aller Geflüchteten und sichere Fluchtrouten nach Europa fordern. Das haben wir und viele andere in der Vergangenheit schon unzählige Male getan, nur um dann immer wieder festzustellen das nichts passiert. Stattdessen verschwindet das Thema in den Medien immerzu genauso schnell wie es zuvor gekommen ist. Es wird versucht die Menschen, die sich weltweit auf der Flucht befinden, unsichtbar zu machen. Man sperrt sie in irgendwelche Komplexe in der Hoffnung, das niemand etwas davon mitbekommt. Sie sollen vergessen werden, sonst könnte es ja unbequeme Fragen geben. Eben jene Fragen die gestellt werden, wenn ein Mensch einfach so über Nacht verschwindet. Deshalb lautet unsere Forderung hinzuschauen, nicht zu vergessen, die Menschen sichtbar zu machen. Das bedeutet auch die zuständigen Behörden immer wieder daran zu erinnern, dass wir ihre Ausflüchte so nicht länger hinnehmen werden. Egal ob auf kommunaler, Landes- oder Bundesebene. Wir müssen uns einsetzen wie und wo immer es möglich ist, denn nur solidarisch können wir dieser Scheiße entgegentreten!
Für ein besseres Morgen – gegen die Festung Europa!
Offener Brief an den Stadtrat Osnabrück initiiert von No Lager Osnabrück und mit Unterstützung von Exil e.V.
Schutzmaßnahmen für Alle und zwar sofort!
[Der gesamte offene Brief kann hier eingesehen werden]
Am heutigen Tag wurde ein offener Brief an die Mitglieder des Rates der Stadt Osnabrück
verschickt. Gefordert werden schutzschaffende Maßnahmen für Geflüchtete,
Obdachlose und schutzbedürftige Frauen und Kinder in der Coronakrise. Initiiert
wurde der Brief von der antirassistisch arbeitenden Gruppe No Lager Osnabrück, die
sich seit Jahren gegen Abschiebungen einsetzt. Unterstützt wurde der Brief von Exil
e.V. und weiteren Osnabrücker Organisationen.
Auf Grund der Coronakrise wird überall zur Solidarität und Rücksichtnahme aufgerufen.
Sei es die Rücksicht auf Risikogruppen oder das Verständnis für die mitunter
extrem restriktiven Eingriffe in die Grundrechte von uns allen. Viele Menschen stellen
sich gerade ganz existenzielle Fragen.
Weiterlesen
Translation for All – Rechtswörterbuch
Translation For All hat ein Rechtswörterbuch auf verschiedenen Sprachen zum Download bereitgestellt.
In dem Wörterbuch werden verschiedenen Begriffe des Asyl- und Aufenthaltsrechts auf verschiedenen Sprachen erklärt. Das Wörterbuch wurde in mehrjähriger Arbeit von Jura-Studierenden und Dolmetscher*innen erstellt.
http://translationforall.blogsport.eu/rechtswoerterbuch/
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Translation for all published its legal-terms-glosary online to download.
Many terms of the asylum and residency law are explained in various languages. The gloassary was created over a couple of years by students of law as well as translators.
http://translationforall.blogsport.eu/rechtswoerterbuch/