Pressemitteilung: Missstände und Gewalt durch Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes im Lager der Landesaufnahmebehörde in Osnabrück

14. Dezember 2022

Missstände und Gewalt durch Mitarbeiter*innen des Sicherheitsdienstes im Lager der Landesaufnahmebehörde in Osnabrück

Gemeinsam mit der Initiative No Lager Osnabrück veröffentlicht Syed S. einen offenen Brief an die Osnabrücker Öffentlichkeit. Der 58-Jährige ist aus Pakistan geflohen und seit einigen Monaten in Deutschland. Im Lager der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen in der Sedanstraße in Osnabrück wurde Syed von Mitarbeiter*innen des Sicherheitsdienstes angegriffen. Er prangert seit Monaten die Missstände in dem Lager an und hat Kontakt zu No Lager Osnabrück und zum Flüchtlingsrat Niedersachsen aufgenommen. Nach den rassistischen Übergriffen durch Mitarbeiter*innen des Sicherheitsdienstes hat er sich Hilfe bei der  Betroffenenberatung Niedersachsen gesucht. Er fordert Gerechtigkeit, nicht nur für sich:

„In dem Lager sollen die Menschen ohne Stimme sein. Doch ich mache den Mund auf, auch für alle anderen Geflüchteten dort.“

Der Brief soll auf die Missstände in dem Standort Osnabrück der Landesaufnahmebehörde aufmerksam machen. Dabei geht es unter anderem um mangelhaft und unzureichende Essensversorgung, respektlose und beleidigende Behandlung durch Mitarbeiter*innen im Lager, Bedrohungen und Gewalt durch Sicherheitspersonal und die Ausbeutung geflüchteter Menschen im Rahmen der sogenannten 80-Cent-Jobs.

In seinem Heimatland riskiere er durch Folter oder Kugeln getötet zu werden, in Deutschland werde er durch Worte getötet, denn hier behandle man ihn wie ein Tier – so schreibt Syed in dem Brief. In dem Lager in der Sedanstraße sei er Diskriminierung und Rassismus ausgesetzt und über Monate hinweg in einer sehr verletzlichen Situation gewesen. So habe er etwa Gewalt durch Mitarbeiter*innen des Sicherheitsdienstes erfahren. Das Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung gegen die Mitarbeiter*innen des Sicherheitsdienstes wurde jedoch nach kurzer Zeit eingestellt, weil die Täter angeblich nicht ermittelt werden konnten. Unfassbar, findet Syed:

„Ich habe die Täter in meiner Aussage genau benannt. Ich habe den Eindruck, es wurde nur sehr oberflächlich ermittelt. Ich fordere die Wiederaufnahme glaubhafter und sorgfältiger Ermittlungen!“

Die Essensversorgung im Lager sei zudem nicht angemessen und oft nicht ausreichend gewesen. Trotz seiner gesundheitlich kritischen Situation aufgrund einer Krebserkrankung sei er oft mit leerem Magen schlafen gegangen. Syed habe über den Sozialdienst zahlreiche Briefe an die Leitung des Standortes geschickt, doch er erlebe kein Bestreben, etwas zu verändern. Seinen Brief schließt Syed mit einem Appell an die Öffentlichkeit:

„Wisst ihr, ich bin zu euch gekommen, um Schutz zu suchen, um Freiheit, Gerechtigkeit und Würde zu suchen. Um wieder atmen zu können. Denn ich bin nicht nur einem Ort, sondern auch tausend Erinnerungen entflohen. Ich möchte in Würde und Respekt leben. In diesem Moment bin ich der einsamste Mensch der Welt. Ich habe niemanden auf dieser Erde. Ich brauche eure Hilfe, bevor es zu spät ist.“

Die Missstände, die Syed benennt, decken sich mit den Erfahrungen zahlreicher anderer Menschen, die bei No Lager Osnabrück aktiv sind oder sich an die Initiative wenden. No Lager Osnabrück dokumentiert diese Zustände in den LAB-Standorten Hesepe und Osnabrück siet Jahren. Auffällig ist, dass zuletzt wieder deutlich mehr Menschen den Kontakt suchen und von Verschärfungen, etwa durch eine erhebliche Überbelegung, berichten. Um Syed baut No Lager Osnabrück derweil ein Unterstützungsnetzwerk auf, auch, um ihn vor weiteren Schikanen zu schützen. Hanna von der Initiative:

„Immer wieder haben wir den Eindruck, dass geflüchtete Menschen, die sich in Lagern politisch betätigen oder kritisch äußern, Schikane erleben und schnell an andere Orte transferiert werden. Viele Menschen sind eingeschüchtert und haben große Angst, dass Beschwerden und Kritik negative Konsequenzen haben könnten. Wir unterstützen alle, die sich intern oder öffentlich äußern wollen und kämpfen weiter für die Abschaffung aller Lager!“

Vor wenigen Tagen wurde Syed in eine andere Unterkunft transferiert. Er fordert weiter Gerechtigkeit und eine menschenwürdige Unterbringung aller geflüchteter Menschen.


Hier geht es zum offenen Brief von Syed S. in voller Länge.