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Gestern Morgen, am 15.09.2014, hat es im Wohnheim für Geflüchtete im Heiligenweg Osnabrück zwei unangekündigte Abschiebeversuche gegeben, von denen eine durch
Verwechslung beinahe eine junge Familie trennte. Es handelte sich dabei um einen jungen
Mann sowie um eine junge Familie mit einem vier Monate alten Kind. In beiden Fällen
wussten die Betroffenen nichts über die anstehende Abschiebung, da sie keinen Bescheid
der Ausländerbehörde erhalten hatten. Diese Praxis widerspricht der Aussage des
niedersächsischen Innenministers Boris Pistorius. Dieser hatte noch im Mai diesen Jahres
betont, Betroffene im Vorfeld über ihre geplante Abschiebung zu informieren.
Während dem jungen Mann trotz Gipsarm die Hände mit Kabelbindern auf dem Rücken
zusammengeschnürt wurden und sechs BeamtInnen versuchten, ihn in den Transportwagen
zu drängen, war die junge Familie zu dem ihnen unbekannten Abschiebezeitpunkt (zu ihrem
Glück!) nicht anwesend, als die BeamtInnen kamen. Der junge Mann setzte sich gegen seine
unrechtmäßige Abschiebung zu Wehr. Er schaffte es, sich aus den unverhältnismäßigen
Bedingungen, trotz gebrochenen Arms und von einer polizeilichen Überlegenheit gefesselt,
zu befreien, sodass die Abschiebung letztendlich abgebrochen wurde.
Wie dieser Geflüchtete hatte auch die dreiköpfige Familie keinen Abschiebebescheid der
Ausländerbehörde bekommen. Laut zuständigem Anwalt sei die Familie aktuell auch nicht
von einer Abschiebung bedroht, da der Asylantrag der mittlerweile viermonatigen Tochter,
die hier in Osnabrück geboren wurde, noch in Bearbeitung ist. Das laufende Verfahren
verringert aktuell die Bedrohung einer Abschiebung, da Familien nach einem weiteren
Versprechen Pistorius‘ durch Abschiebungen nicht getrennt werden sollen.
Das junge Paar war aus Somalia über Italien nach Deutschland gekommen, da die
hochschwangere Frau und ihr Mann wegen überfüllter Unterkünfte in Italien teilweise auf der
Straße leben mussten. Genau wie die meisten Geflüchteten hierzulande wollen die
deutschen Behörden sie über kurz oder lang dennoch nach dem Dublin-3-Gesetz zurück in
das sogenannte „sichere Drittland“ (Italien) abschieben. Dort drohen ihnen erneut
Obdachlosigkeit und menschenunwürdige Lebensbedingungen.
Nachdem die BeamtInnen an der Tür der betroffenen Familie niemanden erreichten,
versuchten sie nach Berichten von NachbarInnen erfolglos, die Tür zu öffnen, um in die
Wohnung zu gelangen. Die jungen Eltern sind stark verunsichert und erschüttert über diesen
unangekündigten Abschiebeversuch, von dem sie erst später erfuhren.
Über den Anwalt stellte sich in der Kommunikation mit den Zuständigen der
Ausländerbehörde Osnabrück schließlich heraus, dass es tatsächlich weder eine
Ankündigung noch eine Veranlassung einer Abschiebung für diese Familie gegeben hatte.
Stattdessen wohnt im selben Haus offenbar eine weitere Person, die einen sehr ähnlichen,
jedoch nicht den gleichen (!) Namen wie der Familienvater trägt. Folglich basierte der
Abschiebeversuch auf einer Verwechslung, die beinahe zur Trennung einer Familie geführt
und einen Menschen fälschlicherweise abgeschoben hätte.
„Es ist untragbar, dass diese offensichtlich mangelhafte Überprüfung der Daten und Namen
durch die Behörden zu einer solchen Situation führt, die eine massive Verunsicherung und
Verängstigung einer jungen Familie nach sich zieht,“ empört sich Marie Weiß von NoLager
Osnabrück. „Es handelt sich hier nicht nur um Aktennummern, die die Behörden
abzuarbeiten versuchen, sondern um Menschen, die im Dublin-3- Verfahren ohnehin unter
vielschichtigen Diskriminierungen und einer angstbehafteten, unsicheren Lebenssituation in
Deutschland leiden müssen.“
Pressekontakt:
Initiative NoLager Osnabrück
Handy: 01573 0704488
Email: nolagerosnabrueck@yahoo.de
Presseberichte:
http://www.noz.de/lokales/osnabrueck/artikel/506422/abschiebung-in-osnabruck-somalier-leistet-heftige-gegenwehr-1
http://www.noz.de/lokales/osnabrueck/artikel/507155/pannen-bei-der-abschiebung-in-osnabruck#lightbox&0&1&507155
http://www.noz.de/lokales/osnabrueck/artikel/507587/stadt-osnabruck-familien-werden-nicht-getrennt