Vortrag und Diskussion mit
Fabian Georgi (reflect!/Institut für Sozialforschung, Frankfurt am Main)
Osnabrück: Dienstag, 26. Juni 2012, 18:30 Uhr
Universität, Seminarstr. 20 (EW-Gebäude)
Raum 15/131
Zur Kritik der Migrationspolitik – Noborder und Kritische Theorie
Seit Jahrzehnten verschärfen die Industriestaaten des Globalen Nordens
ihre Migrationskontrollen. Tausende von Toten fordert ihr unerklärter
Krieg gegen Flüchtlinge und Wanderarbeiter_innen Jahr für
Jahr. Obgleich es ihnen nicht gelingt, die subalterne Mobilität zu stoppen,
illegalisieren und entrechten sie Millionen. Sie überziehen die
Erde mit Visaregimen, Abschiebeknästen und biometrischen Kontrollen
und sie träumen davon, menschliche Mobilität zu ,managen‘.
Scheinbar konsequenzlos nehmen sie die tödlichen Folgen in Kauf.
Der gedankenlose Eifer mit dem sie dies tun, irritiert und verstört.
Seit Jahrzehnten kritisieren nicht nur linksliberale NGOs und Wissenschaftler_
innen diese Politik im Namen von Flüchtlingsschutz und Menschenrechten.
Dabei affirmieren sie Migrationskontrollen als grundsätzlich
legitim. Sie fordern, die Kontrollen mit Geist und Buchstaben
der Menschenrechte in Übereinstimmung zu bringen. Doch ihre „sentimental
humanitäre Sprache“, so formulierte schon Hannah Arendt polemisch,
unterscheidet „sich oft nur um ein geringes von den Broschüren
der Tierschutzvereine“. Migrantische Basisorganisationen und antirassistische
Gruppen kritisieren radikaler. Sie fordern „Papiere für
Alle“ und „No Border! No Nation!“. Im Gegensatz zur Forderung nach
„Flüchtlingsschutz“ stellen sie Migrationskontrollen grundlegend in
Frage. Ihr Ziel ist die Abschaffung nationalstaatlicher Grenzen, globale
Bewegungsfreiheit und gleiche Rechte für alle überall.
Was diese Forderungen genau bedeuten, ist innerhalb der antirassistischen
Bewegung umstritten – und oft wohl auch unklar. Wie kann man
sich eine „Welt ohne Grenzen“ vorstellen? Wie begründet man dieses
Ziel gegen die unweigerliche Ablehnung? In welchem Verhältnis steht
der linksliberale Appell an Menschen- und Flüchtlingsrechte zur NoBorder-
Kritik? Wie hängen Migrationskontrollen und Kapitalismus zusammen
und wie somit die Kämpfe gegen sie? Der Vortrag nimmt die Kritische
Theorie der Frankfurter Schule zum Ausgangspunkt, um sich Antworten
auf diese Fragen zu nähern.
Zudem wird es Informationen zum Noborder-Camp in Köln/ Düsseldorf
geben (13.-22. Juli 2012).
Gleiche Veranstaltung in Münster am
Mi. 27. Juni 2012, 19:30 Uhr
Paul-Gerhardt-Haus (Eisenbahnstr./Friedrichstr. 10)
Veranstalter_innen: NoLager Osnabrück/ Studentische Initiative
Begegnungsgruppe LAB Bramsche-Hesepe; Gruppe grenzfrei, Münster