Rede: Abschiebungen müssen blockiert werden

Dieser Redebeitrag ist nahe an einen Redebeitrag angelehnt der am 09. August 2024 bei einer Kundgebung in Arnstadt (Thüringen) gehalten wurde. Dort standen und stehen mehrere Menschen vor Gericht, da sie bei der gelungenen Blockade einer Abschiebung beteiligt sein sollten. Mehr dazu findet ihr hier: [Prozessbericht] Arnstadt: Bußgeld wegen Abschiebeblockade


In vielen deutschen Familien geistern bis heute die glorreichen Geschichten von Familienmitgliedern rum, die einem Menschen auf der Flucht vor dem NS-Regime geholfen, jemanden versteckt oder einfach nur nicht verpfiffen haben. Juden*Jüdinnen sowie viele andere Menschen mussten fliehen: vor Verfolgung, Inhaftierung und später dem sicheren Tod. Jeder Unterschlupf, jede solidarische Mahlzeit, Mitfahrgelegenheit und Ortskenntnis haben diesen Menschen geholfen. Die Menschen die halfen, trotz der Gefahr in die sie sich selbst dadurch brachten – aus heutiger Sicht Held*innen. Die Flucht der Menschen – aus heutiger Sicht bittere Notwendigkeit und ja schließlich auch ein Auslöser für die Verabschiedung der Genfer Flüchtlingskonvention.

Ebenso finden wir diese Held*innen in der Geschichtsschreibung zur Flucht aus der DDR. Da hießen diese solidarischen Menschen „Fluchthelfer“ – und heißen es heute noch. Da ist Fluchthilfe etwas positiv besetztes, ehrenhaftes, notwendiges. Niemand fragt danach, ob das denn erlaubt oder legitim war – oder warum die einzelnen Leute abhauen wollten. Es wurde ja Menschen auf der Flucht aus einem Unrechtsstaat geholfen.

Ende gut, alles gut, alle sind sich einig. Hoch leben die Couragierten.

35 Jahre später sieht die Realität anders aus. Wenn heute von Beihilfe zur Flucht gesprochen wird, ist da nichts positives oder ehrenhaftes mehr dran. Stattdessen wird von Kriminalität, von Illegitimität, von Irregularität und oft von „Schleuserei“ gesprochen.

Wir merken: Es ist also immer vom politischen, sozialen und historischen Kontexten sowie diskriminierende Faktoren abhängig, ob etwas als Fluchthilfe gefeiert oder als Schleuserei diskreditiert und verfolgt wird.

Aber was ist Fluchthilfe eigentlich? In meinen Augen ist es viel mehr als nur die Hilfe beim Überschreiten einer Grenze. Das können verschiedenste Handlungen sein, die jemanden vor, während oder nach der Flucht unterstützen. Der Kauf einer Busfahrkarte Richtung Grenze, die Unterstützung beim Grenzübertritt konkret, Menschen einen Ort zum Ausruhen oder Verstecken bereitstellen, solidarisch gegen staatliche Repressionen wie die Bezahlkarte anzutreten, Abschiebungen zu blockieren.

Fluchthilfe ist auch, Menschen den Weg zu zeigen, Menschen Räume zu bieten sich zu vernetzen und um gemeinsam zu handeln, oder eben das Steuern eines Motorbootes zu übernehmen, wenn sich niemand anderes dafür findet.

Das dürfen wir hierbei nicht vergessen: Wo Beihilfe zur Flucht kriminalisiert wird, werden Flucht und Flüchtende selbst meist noch stärker kriminalisiert. In diesem Zusammenhang machen repressive Gesetze meist kaum einen Unterschied zwischen Fluchthilfe und Schleuserei.

Deutlich ist dies heutzutage durch das „Rückführungsverbesserungsgesetz“, durch die Verschärfung von GEAS, durch Externalisierung von Asylverfahren, Pushbacks an allen europäischen Innen- und Außengrenzen. – Ihr kennt die Liste. Konsequenz daraus ist für viele Menschen eine lange Zeit der Misshandlung und Immobilität, ob in Knästen als Schleuser*in oder Aktivist*in oder Knästen, die sich Erstaufnahmelager nennen, als Asylsuchende.
All diese Repressionen sollten uns aber nicht davon abbringen, den Begriff der Fluchthilfe zu nutzen. Und vor allem nicht davon abhalten, Fluchthilfe zu leisten. Denn egal wie wir es nennen: Abschiebungen verhindern, Ankommen erleichtern oder Flucht ermöglichen – Das ist machbar. Und die gute Nahcircht ist, in jeder Stadt findest du Support-Gruppen, die sich hier engagieren, wo du einfach mitmachen kannst. Und ein freies Zimmer für ein paar Tage, kann manchmal schon einen riesen Unterschied machen.

Abschiebungen, Pushbacks, staatliche Gewalt ist Alltag – Diese Scheiße zu verhindern sollte es auch sein!

Gegen Repression, Willkür, Kriminalisierung und das EU-Grenzregime, für Bewegungsfreiheit und ein gutes sicheres Leben für alle! Und das nächste mal wieder mit einer Blockade gegen Abschiebungen!