Hallo!
Ich spreche als Teil der Gruppe „NoLager“ Osnabrück. No Lager Osna ist eine Gruppe, die sich aus geflüchteten Menschen und Unterstützer*innen zusammensetzt.
Gemeinsam arbeiten wir an der Selbstorganisation geflüchteter Menschen und setzen uns für gleiche Rechte für alle Menschen ein. Als Gruppe mit anti-rassistschem Selbstverständnis, kämpfen wir eine andere, eine humanere deutsche und europäische Asyl- und Migrationspolitik und fordern Bleiberecht und Bewegungsfreiheit für alle Menschen.
Dass Klimawandel und Flucht untrennbar zusammengehören, erscheint sehr einleuchtend, auch dann, wenn man sich bisher nur wenig mit den Konsequenzen der Klimakrise auseinandergesetzt hat. Ein massiv erhöhtes Auftreten von Extremwettereignissen ist die Konsequenz einer durch menschliches Handeln verursachten Erwärmung unseres Planeten.
Alle Warnungen vor der Klimakrise sind gleichzeitig auch eine Warnung vor ihren Folgen. Häufig wird an dieser Stelle eine der Schätzung zur Millionen-hohen Zahl von in den nächsten Jahren im Zusammenhang mit dem Klimawandel vertriebenen Menschen genannt und häufig steht dabei eine mit migrationsfeindlichem Unterton ausgesprochene Warnung vor den Folgen der Einwanderung in kapitalistische Ballungsräume im Fokus. Dieser Art rassistischer Stimmungsmache und Warnungen vor sogenannter „Klimaflucht“ gilt es entgegenzutreten. Doch wenn wir vom Recht auf Bewegungsfreiheit sprechen, dann gehört dazu auch das Recht, nicht gehen zu müssen. Im Fokus müssen deshalb die Menschen stehen, die von den Folgen des Klimawandelns und von der Abschottungspolitik des Westens betroffen sind. Denn die Veränderung des Klimas führt unweigerlich zu Extremwetterereignissen. Und diese Extremwettereignisse haben heftige Konsequenzen für Mensch und Umwelt.
Ein Extremwetterereignis wäre zum Beispiel, das wochen- und monatelange Ausbleiben von Regen. Regenausfälle bedeuten Ernteausfälle. Ernteausfälle bedeuten fehlende Erträge und ausbleibende Lebensmittel. Fehlende Lebensmittel bedeuten für ein Land wie Deutschland wirtschaftliche Rezession und Verteuerung der Lebensmittelpreise. Schon hier in Deutschland wird sichtbar, wie viel stärker arme Menschen davon betroffen sind. Im globalen Verhältnis tritt die Ungerechtigkeit und ungleiche Lastenverteilung noch heftiger zutage. Insbesondere in Regionen, in den verschiedene Auswirkungen des Klimawandels von Trockenheit, zu Überschwemmungen, zu Erdbeben kummulieren, drohen bei Ernteausfällen existenzielle Hungerkrisen.
Was mir vor noch nicht allzu langer Zeit klargeworden ist: Klimaverursachte Hungersnöte sind kein beängstigendes Zukunftsszenario – nein – sie sind bereits heute Realität.
In Somalia zum Beispiel ist mittlerweile die dritte Regenzeit in Folge ausgeblieben. Während unsere Lebensmittelversorgung in Deutschland nicht mehr nur von Ernteerträgen abhängig ist, gibt es viele, vor allem ländliche Regionen auf der Welt, wo sich die Menschen im Rahmen von Subsistenzwirtschaft von dem ernähren, was sie von ihren Feldern ernten. Die Bedeutung von einer langen Trockenphase hat also zum Beispiel für viele auf dem Land lebende Menschen in Somalia, genauso aber auch zur Zeit in einigen Regionen Madagaskars oder im – von der deutschen Mehrheitsgesellschaft längst wieder vergessenen – Afghanistan, eine viel substanziellere Bedeutung als für die wohlhabenden Menschen in Deutschland oder andere hochkapitalistische Nationen in Zentraleuropa und weltweit.
Deswegen muss dem Begriff der „Klimagerechtigkeit“ im Kampf gegen die Klimakrise und ihre Folgen eine zentrale Rolle zukommen. Denn: Der Klimawandel trifft nicht alle Regionen der Erde in gleicher Heftigkeit. Nicht nur die geographische Lage ist bei Klimafolgen entscheidend, sondern eben auch die wirtschaftliche.
Die Nationen, die sich Hochwasserschutz und Ernteausfälle leisten können, müssen diejenigen Länder unterstützen, die das eben nicht können – und das nicht im Sinne neo-kolonial anmutender sogenannter „Entwicklungshilfe“, sondern vielmehr als Form der Reparationen für Jahrhunderte der kolonialen Ausbeutung. Denn die Regionen und Menschen, die heute und morgen besonders von der im wesentlichen durch die Emissionen der sogenannten Industriestaaten verursachten Klimakrise getroffen werden, haben besonders unter weißem Kolonialismus und profitgieriger Ausbeutung gelitten und sind auch weiterhin von der kolonial-kapitalistischen Fortsetzung dieser Strukturen betroffen.
Denn die Welt ist nicht gerecht und die Auswirkungen der Klimakrise werden auch nicht gerecht verteilt sein. Aus genau diesem Grund muss der Kampf gegen die Klimakrise auch ein Kampf gegen Neo-Kolonialismus und Rassismus sein.
Die Maßnahmen zur Bekämpfung der Klimakrise müssen also nicht nur schnell passieren, sondern sie müssen auch sozial gerecht passieren.
Auf jedem Klimastreik müssen wir laut sein für radikalen Klimaschutz, aber eben genauso für Klimagerechtigkeit und das Recht aller Menschen auf Bewegungsfreiheit und ein gutes Leben am selbstgewählten Lebensmittelpunkt. Wenn wir Klimaschutz sagen, meinen wir Klimaschutz und Schutz vor Klimawandel für alle Menschen auf dieser Erde.
Ohne klappt es nicht. Klimaschutz funktioniert nicht ohne Gerechtigkeit. Gerecht ist, wenn diejenigen, die die meiste Verantwortung an der Verursachung des Problems tragen, auch die Verantwortung zur Lösung des Problems tragen.
Ich bin sehr froh all diese Menschen heute auf der Straße zu sehen.
Lasst uns alle gemeinsam kämpfen für eine klimagerechte Welt!